Die Finanzgeschichte des Kanals von Korinth
Titel
Beschreibung
Diese Ausstellung des EDHACs dokumentiert die „Historischen Wertpapiere“ des griechischen Kanals von Korinth aus dem Zeitraum 1882-1977. Weiterhin enthält die Ausstellung einen in Buchform gehaltenen, finanzhistorischen Bericht über den Bau und den Betrieb des geschichtsträchtigen Korinther Kanals.
Der Kanal von Korinth
Nur Wenige wissen, dass der griechische Kanal von Korinth so etwas wie das unbeachtete Patenkind der Suezkanal- bzw. Panamakanal-Gesellschaft ist. Die Patenschaft hatte seinerzeit der französische Suezkanalerbauer Graf Ferdinand de Lesseps.
Der Kanal von Korinth verbindet seit 1893 den Saronischen Golf mit dem Korinthischen und verkürzt damit die Fahrt von der Adria und dem Ionischen Meer zur Ägäis um 320 Kilometer (rund 200 Seemeilen). Der Seekanal durchbricht die Landenge des Peleponnes und der Landschaft Megaris in 6,3 km Länge, ist 24 m breit und bis zu 8 m tief. Der Gedanke, die beiden Meere zu verbinden, liegt mehr als nahe, und so fasste schon in der Antike der Tyrann Periandros (6. Jahrhundert vor Christus) diesen Plan. Er scheiterte an den technischen Schwierigkeiten ebenso wie der römische Kaiser Nero, der im Jahre 67 nach Christus mit einem goldenen Spaten den ersten Stich tat. Das Restliche überließ er 6.000 Sklaven aus Judäa. Wegen revolutionärer Umtriebe im eigenen Land konnte er sich um das Werk nicht weiter persönlich kümmern. So wurde das Projekt schließlich aufgegeben.
» Aktienprospekt des Comptoir d`Escompte de Paris von 1882
Die weitere Entwicklung bis zur Kanaleröffnung nahm – so ungewöhnlich das klingt – ihren Anfang in Panama: 1876 bis 1878 untersuchte der ungarische General Istvan Türr (1825-1908) – ein naturalisierter Italiener und Freund von Ferdinand de Lesseps – zusammen mit dem Kapitänleutnant Lucien Napoléon Bonaparte Wyse im Auftrag der „Société Civile Internationale du Canal Interocéanique du Darien (Türr-Syndikat)“ die Kanalroute über den Isthmus von Panama. Dem Türr-Syndikat gehörten neben Türr und seinem Schwager Wyse, der Bankier Baron Jacques de Reinach sowie weitere hohe französische Würdenträger an. Ein junger Landsmann Türr`s, der ungarische Ingenieur Béla Gerster (1850-1923) begleitete die Expeditionen. 1876 vereinbarte Türr für das Syndikat mit der Regierung von Kolumbien einen Konzessionsvertrag über 99 Jahre für den Bau eines Kanals über den Isthmus von Panama, zahlbar mit 750.000 Francs bis 1882. Wyse gelang es 1879 im Rahmen des Internationalen Kongresses der Société de Géographie in Paris, diesen Vertrag für 10 Mio. Francs an Ferdinand de Lesseps und seine zu gründende Compagnie Universelle du Canal Interocéanique de Panama – die Lesseps`sche Panamakanal-Gesellschaft – zu verkaufen. Das Türr-Syndikat und der General profitierten davon enorm.
» Kanal im Bau mit Eisenbahnbrücke
1880 lernte General Türr in Aachen den Gouverneur der griechischen Nationalbank Marc Rénieri kennen. Beide diskutierten die Möglichkeit eines Kanalprojekts bei Korinth. Rénieri bot Türr die Konzession für diesen Kanal an, auf der Basis eines 1869 vom griechischen Parlament erlassenen Konzessionsgesetzes. Türr investierte sein mit der Panamakanalkonzession gewonnenes Geld und beauftragte den Ingenieur Béla Gerster mit einer Machbarkeitsstudie für einen Kanal über die Landenge von Korinth. Gerster untersuchte 1880 die Kanalroute, kam zu positiven Ergebnissen und schloss bereits 1881 in Athen für Türr mit der griechischen Regierung einen Konzessionsvertrag zum Bau und Betrieb eines Seekanals ab (Laufzeit 99 Jahre, Baubeginn innerhalb von 18 Monaten, geplante Fertigstellung bis 1887).
Mit einem Konsortium um den Bankier de Reinach gründete Türr 1882 mit einem Aktienkapital von 30 Mio. französischen Goldfranken die Société Internationale du Canal Maritime de Corinthe (Internationale Gesellschaft des Seekanals von Korinth) mit Sitz in Paris. Die Gesellschaft übernahm von Türr die Konzession. Türr wurde Präsident der Kanalgesellschaft. Das Klima für den Börsengang der Gesellschaft war zu diesem Zeitpunkt äußerst günstig, da der Kurs der Suezkanal-Aktien in ungeahnte Höhen geschnellt war und sich die Spekulanten um die 1880 emittierten Panamakanal-Aktien geradezu schlugen. So erstaunt es nicht, dass die im Mai 1882 herausgegebene 60.000 Aktien der Kanalgesellschaft fünfmal überzeichnet wurden. 6 Mio. Goldfranken wurden von Griechen gezeichnet, der Rest der Aktien wurde in Frankreich platziert.
König Georg I von Griechenland tat gleichzeitig den ersten Spatenstich zum Bau des Kanals entlang der antiken Trasse des Kaisers Nero. Gerster war der Bauleiter am Kanal. 1887 waren 2.100 Arbeiter am Kanal beschäftigt. Kapitalbedarf stellte sich in diesem Jahr ein, da die Gruppe des berüchtigten Pariser Bankiers de Reinach sehr „großzügig“ mit den Geldmitteln der Gesellschaft gewirtschaftet hatte. Eine 6%ige Anleiheemission über 30 Mio. Goldfranken sollte deshalb im Mai 1888 in Paris begeben werden. Ein unglücklicher Zeitpunkt, da zur gleichen Zeit die Panamakanal-Gesellschaft fallierte. So wurden beim Börsengang lediglich 10 Mio. Goldfranken eingesammelt. Im Februar 1890 war die Gesellschaft dann endgültig zahlungsunfähig. Die Arbeiten wurden eingestellt, 8.2 Mio. Kubikmeter Erdreich und Fels hatte man ausgeschachtet, 2.6 Mio. Kubikmeter waren noch auszugraben.
In dieser kritischen Situation initiierten griechische Patrioten 1890 in Athen die Gründung der mit einem Kapital von 5 Mio. Goldfranken ausgestatteten Auffanggesellschaft Société Hellénique du Canal de Corinthe (Griechische Gesellschaft des Kanals von Korinth). Der Konkursverwalter der alten Kanalgesellschaft übertrug die Konzession auf die neu gegründete Kanalgesellschaft. Anteilseigner und Gläubiger der alten Gesellschaft erhielten für ihre notleidenden Wertpapiere Besserungsscheine. 1893 wurde der Kanal durch die neue Gesellschaft fertiggestellt und dem Verkehr übergeben.
1907 wurde auch die neue Gesellschaft liquidiert und in die in Athen ansässige Betriebsgesellschaft Nouvelle Société du Canal de Corinthe (Neue Gesellschaft des Kanals von Korinth) überführt. 1980 wurde der Betrieb des Kanals in die staateigene Corinth Canal Company überführt, 2001 der Betrieb privatisiert. Heute durchfahren rund 12.000 Schiffe jährlich den Kanal.
Der folgende Bericht über die Finanzgeschichte des Kanals von Korinth wird durch einen Katalogteil abgerundet. Er erschließt alle von 1882 bis 1977 ausgegebenen Wertpapierzertifikate der drei Gesellschaften als Sammelgebiet. Der Bericht wendet sich an den Sammler alter Wertpapiere, ob er Anfänger oder Fortgeschrittener ist, und an jeden, der sich für die Hintergründe dieses Teils der Finanzgeschichte interessiert.
Die ausführliche und spannende Finanzgeschichte des Kanals von Korinth lesen Sie hier.
Bitte Link klicken (pdf-Datei):
http://www.nonvaleurs.de/pdf/kk.pdf
Besuchen Sie unser eWertpapiermuseum des EDHAC, um die bis heute bekannt gewordenen Wertpapieremissionen aus dem Zeitraum 1882-1977 zu studieren.
Über den Initiator der Ausstellung
Initiator der Ausstellung „Finanzgeschichte des Kanals von Korinth“ ist Hans-Georg Glasemann. Er ist Fachautor und Sachverständiger für „Historische Wertpapiere“ und publiziert seit 1980 Bücher und Fachbeiträge auf diesem jungen Sammelgebiet, das in den letzten Jahrzehnten einen beispielslosen Aufschwung erlebt hat.